„Gehen ist der Menschen beste Medizin“ (Hippokrates)

Fr 21. Februar 2014

"Der Pilgervirus hat auch mich erfasst..." sagt Cornelia Falk und beschreibt ihre Erlebnisse in der Zeitschrift "Die Diakonieschwester".

Im Februar 2009 habe ich für „Die Diakonieschwester” eine Rezension über einen kleinen Pilger-Ratgeber geschrieben. Ich war erstaunt über die in diesem Büchlein dargestellte Vielfalt der Pilgerwege in Europa (Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Osteuropa, Schweiz und Spanien) und fand die Tipps für die Vorbereitung und Durchführung einer Pilgerreise interessant, mehr aber auch nicht.

Dann hat mir meine Mutter das Buch von Hape Kerkeling („Ich bin dann mal weg“, Piper Verlag) geliehen und ich habe es verschlungen – gerade wenn man seine Stimme und Vortragsweise kennt, bekommt das Gelesene eine ganz besondere Note. Man verfolgt den Weg, die Strapazen und Freuden mit, fühlt sich sozusagen als persönlicher Begleiter – so war man gedanklich mit unterwegs.

Zunehmend interessierte mich die Unternehmung „Pilgern” und ich begann im Internet nach Informationen zu schauen. Den durch das Buch ausgelösten großen Pilgermassenansturm nach Santiago de Compostela wollte ich so nicht mitmachen.

Ich informierte mich über Wege in Deutschland und es reifte der Entschluss, von zuhause, also Berlin, in Etappen über mehrere Jahre nach Santiago de Compostela zu pilgern. Über die Webseiten www.jakobus-info.de und www.jakobusgesellschaft-berlin-brandenburg.de bin ich mit meinen Planungen vorangekommen.

Gefunden habe ich den mittelalterlichen Jakobsweg „Berlin-Wilsnack-Tangermünde”. Mit diesem Pilgerweg beginne ich die Reise. In Tangermünde trifft man auf den gekennzeichneten Jakobsweg nach Magdeburg und dieser Weg führt über diverse Pilgerwege weiter über Frankreich nach Spanien. Insgesamt sind rund 2.500 km zu bewältigen. Ein großes Vorhaben, aber ich habe Zeit, besser gesagt, ich werde mir in den nächsten Jahren Zeit dafür nehmen.

Über die St. Jakobus-Gesellschaft Berlin-Brandenburg e.V. habe ich mir gegen eine kleine Gebühr einen Pilgerausweis ausstellen lassen und bin sozusagen zum Ausprobieren im Oktober 2009 die ersten Etappen dieses Pilgerweges gegangen.

Mittwoch, 14. Oktober 2009 (Hennigsdorf–Linum)

Mit der S-Bahn nach Hennigsdorf, eine kurze Einkehr beim Bäcker und mit einer Schokolade „to go“ in der Hand ging es bei schönstem Herbstwetter los. Erst einmal raus aus der Stadt, ins Grüne, durch den Stadtforst Falkenhagen weiter nach Bötzow. Die Feldsteinkirche war abgeschlossen, also ging es gleich weiter. Oftmals hängt eine Nachricht an den Kirchentüren, wo der Schlüssel abgeholt werden kann. Aber am ersten Tag wollte ich nur erst mal weitergehen.

Entlang der alten Hamburger Poststraße ging es Richtung Linum, stundenlang durch den Wald, ohne einen anderen Menschen zu sehen. Der Weg wurde immer länger und erst am späten Nachmittag kamen Thomas (mein Lebensgefährte) und ich in Linum an, müde und durchgefroren. Zum Glück hatte ich ein Zimmer in der Storchenklause gebucht.

Vor und in Linum gab es riesige Kranich-Schwärme zu sehen und zu hören. Die Felder waren voller Kraniche und die Schwärme zogen mit den charakteristischen Lauten, die sie von sich geben, über uns hinweg. Trotz vieler Wanderungen vorab ist es um ein vielfaches anstrengender, mit einem schweren Rucksack zu wandern. Man hat ja alle Dinge dabei, die für die Reise benötigt werden. Nach einer heißen Dusche ging es zum Abendessen und um 22.00 Uhr lag ich mit Schmerzen im Bett. Und das schon nach dem ersten Tag, peinlich! Aber ich hatte den ersten Stempel in meinem Pilgerausweis!

Donnerstag, 15. Oktober 2009 (Linum–Protzen)

Heute gibt es eher einen „Ruhetag“, damit sich die alten Knochen wieder erholen. Hinter Linum durchs Vogelschutzgebiet über Hakenberg, Tarnow und weiter nach Fehrbellin. Es fängt zunehmend an zu regnen und so nehmen wir Quartier in Fehrbellin bei Frau Zabel. Fehrbellin ist ein eher langweiliger kleiner Ort. In der evangelischen Kirche – einer offenen Kirche – gibt es eine Stempelstation für Pilger. Man wird auch ein bisschen zum „Jäger” am Ende des Tages, sozusagen als Belohnung muss man einen Stempel ergattern.

Freitag, 16. Oktober 2009 (Fehrbellin–Barsikow)

Mit frischen Kräften durch das Luch nach Garz. Es regnet in Strömen! Heutige Endstation ist Barsikow. Die gotische Feldsteinkirche stammt aus dem 14. Jahrhundert. Wir bekommen eine persönliche Führung durch Herrn Grützmacher, begleitet von Titus, seinem Hund. Die Kirche wird gerade renoviert, es soll in nächster Zeit eine „Pilgerherberge” im Kirchturm entstehen. Wir kraxeln im Turm ganz nach oben, bewundern die Kirchenglocke mit den Pilgerzeichen. Familie Grützmacher stellt auch eine Unterkunft zur Verfügung, sozusagen mit Familienanschluss. Gemeinsames Abendessen und Frühstück. Dann der Höhepunkt: Bis die Renovierung der Kirche abgeschlossen ist, steht die Madonna von Barsikow, in eine Decke eingeschlagen, im Keller von Familie Grützmacher. Es ist ein ganz besonderes Gefühl, die Finger über die Statue aus dem 12. Jahrhundert (!) gleiten zu lassen.

Samstag, 17. Oktober 2009 (Barsikow–Wusterhausen)

Herr Grützmacher und Titus begleiten uns noch ein Stück, dann wandern wir weiter; die Schuhe sind über Nacht auch fast trocken geworden. Bei grauem Himmel geht es nach Wusterhausen. Kalt und nass, vom Wetter her ist es miserabel geworden. Alle Geschäfte zu, kein Café zum Aufwärmen. Dann die Rettung: Frau Bohnet, Pension Deutsches Haus, hat eigentlich geschlossen. Sie lässt uns ein und bereitet Tee, es gibt noch selbstgebackenen Kuchen und kleine Snacks. Nach dieser angenehmen Pause über die Mittagszeit besichtigen wir mit Führung die wunderschöne St.-Peter-und-Paul-Kirche. Und wieder einen Stempel ergattert! Nach rund 76 Kilometern wird die Tour aufgrund des schlechten Wetters abgebrochen, im nächsten Sommer geht es weiter. Startpunkt ist dann Wusterhausen. Die letzten beiden Tage haben das Besondere an dieser kurzen Reise gezeigt: die Begegnungen mit hilfsbereiten und freundlichen Menschen.

Ein Jahr später: Endlich geht es weiter, aber dieses Mal mit dem Rad!

Sonntag, 16. Mai 2010 (Wusterhausen–Plattenburg)

Nach dem Frühstück geht es mit der Regionalbahn nach Neustadt an der Dosse und von hier aus mit dem Rad nach Wusterhausen. Wir starten von dort bei bewölktem Wetter, ab Mittag klart es aber auf. Es ist einfach schön, wieder in freier Natur zu sein und nicht so vielen Menschen zu begegnen. Heutiger Endpunkt ist die Plattenburg, kurz vor Bad Wilsnack. Unterwegs treffen wir auf viele Tiere, so z.B. Wildschweine und Rehe, und radeln an blühenden Rapsfeldern vorbei. Durch den langanhaltenden Regen der letzten Tage sind die Wege stellenweise sehr schwer zu befahren, da der Boden aufgeweicht ist.

Die Kirchen entlang des Pilgerweges sind abgeschlossen, an manchen Kirchen hängen Notizen mit Telefonnummern. Wir verzichten am Sonntagmittag bzw. -nachmittag aber auf Besichtigungen. Die Plattenburg ist die größte noch erhaltene Wasserburg Norddeutschlands. Die erste urkundliche Erwähnung erfolgte bereits im Jahr 1319. Sie wird heute von einem Pächter bewirtschaftet und nach und nach renoviert. Wir sind die einzigen Gäste und übernachten im Turm der Burg. Die Zimmer mit schrägen, knarrenden Böden, eiskalt ohne Heizung, ohne Radio oder Fernseher – Abenteuer pur! Das Schlossgespenst hat sich aber nicht gezeigt. Laut hörbar war allerdings eine Gruppe Pfaue, die sich unter unserem Fenster aufgehalten hat. Morgens kann man bei strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel den Schwalben beim Nestbau über den Badezimmerfenstern zuschauen. Ein guter Start!

Montag, 17. Mai 2010 (Plattenburg–Hohenberg Krusemark)

Bis Wilsnack sind es nur noch wenige Kilometer. Schon bald ist die ehemalige „Wunderblutkirche” St. Nikolai zu erkennen. Bis zur Reformation war Wilsnack ein wichtiger Wallfahrtsort und das wichtigste Pilgerziel nach Santiago, Rom und Aachen.

„Es waren Straftäter genauso wie hohe oder betuchte Herren – allein Kurfürst Friedrich II pilgerte von 1440 bis 1451 sechsmal nach Wilsnack. Dort wurden in einer Kirche drei Hostien verehrt, die 1383 den Brand, der die Dorfkirche verwüstete, unbeschadet überstanden hatten. In den Trümmern der gebrandschatzten Kirche fand der Priester die geweihten Hostien vor, auf denen nun Blutstropfen zu sehen waren. Gefördert durch die Bischöfe von Havelberg setzte eine Wallfahrtsbewegung ein, die schließlich ganz Nordeuropa erfasste und das abgelegene, unbekannte Dorf Wilsnack in einen der berühmtesten Wallfahrtsorte des Mittelalters verwandelte”. (Rainer Oefelein, Brandenburg: Jakobsweg Berlin-Wilsnack-Tangermünde).

Eindrucksvoll sind die Glasfenster aus dem 15. Jahrhundert. In einem Nebenraum ist die Wunderblutkapelle mit dem bemalten Schrein zu besichtigen. Im Prinzip ist der Schrein ein hölzerner Wandschrank, dessen Türen innen und außen reich bemalt sind. Wie in so vielen offenen Kirchen arbeiten auch hier Ehrenamtliche, die Führungen machen, Bücher und Karten verkaufen und für Fragen zur Verfügung stehen. Ich bekomme einen Stempel in den Pilgerausweis und kaufe mir ein Pilgerzeichen von Wilsnack. Dazu bekomme ich noch den St. Jakobus-Segen ausgehändigt.

St. Jakobus-Segen
Der Geist der alten Pilger der „Tradition“ sei auf deiner Reise mit Dir. Der Hut möge dich vor der Sonne und bösen Gedanken schützen. Der Umhang möge dich vor dem Regen und vor bösen Worten schützen. Der Stab möge dich vor den Feinden und vor bösen Taten schützen. Der Segen Gottes und des heiligen Jakobus und der Jungfrau Maria mögen dich Tag und Nacht begleiten. Amen.

Über mehrere kleine Ortschaften geht es weiter Richtung Havelberg. Auf dem Wege sind gotische und romanische Dorfkirchen – und ausnahmsweise eine sehr elegante, die Jugendstil-Kirche in Lennewitz – von außen zu bewundern. In Havelberg folgt die Besichtigung des Doms St. Marien und der Klosteranlage. Eine sehr wuchtige Anlage. Zu empfehlen ist das kleine Café direkt auf dem Domplatz.

Vor Ort haben wir festgestellt, dass wir im Rahmen unserer Elbe-Radtour schon einmal in Havelberg waren. Bis Magdeburg werden wir auf dem stellenweise parallel zum Radwanderweg verlaufenden Pilgerweg also teilweise Bekanntes vorfinden. Wir passieren Havel und Elbe, machen einen kurzen Abstecher nach Werben und erreichen nachmittags Hohenberg-Krusemark. Die Wirtin des Gutshofes, Frau Tappe, fährt uns und einen weiteren Radwanderer mit ihrem Auto mal eben in rasender Geschwindigkeit zwei Orte weiter, wo wir ein warmes Abendessen bekommen. Der Wirt des Restaurants fährt uns dann im Anschluss wieder zurück.

Dienstag, 18. Mai 2010 (Hohenberg Krusemark–Tangermünde)

Größtenteils an der Elbe entlang geht es nach Tangermünde. Hier lassen wir uns ausreichend Zeit zur Besichtigung der Stadt und der Stephanskirche mit einer Statue des Hl. Jakobus. Auch das Rathaus und die alten Stadttore sind sehenswert. Ein Ausflug nach Jerichow, einem ehemaligen Kloster der Prämonstatenser, mit Besichtigung und einem Museumsbesuch, vervollständigen den Aufenthalt.

In Tangermünde endet der Pilgerweg Berlin-Wilsnack-Tangermünde und trifft auf den Jakobus-Pilgerweg in Sachsen-Anhalt, dem wir weiter folgen werden. Das Wetter wird zunehmend ungemütlich, es ist bewölkt und ein sehr kalter Wind macht uns zu schaffen.

Mittwoch, 19. Mai 2010 (Tangermünde–Rogätz)

Oh wie schön, die Bauarbeiter gegenüber fangen um 7 Uhr morgens an mit der Arbeit und es regnet. Der Regen entwickelt sich zu einem Dauerregen und die Wege sind dementsprechend. Der Pilgerweg führt wirklich mitten durchs Gemüse, selten auf ausgebauten Wegen entlang. Um von dem aufgeweichten Boden weg zu kommen, nutzen wir zunehmend Land- und leider auch Bundesstraßen, um an die Zielorte zu gelangen.

Erste Station heute ist Stendal, bisher für mich eigentlich nur als DB-Bahnhof auf dem Weg mit dem IC nach Hannover in Erscheinung getreten. Die eigentliche Pilgerstation, die Jakobikirche, war leider geschlossen. Zu besichtigen war aber der Dom St. Nikolaus, besonders beeindruckend ist hier das Jakobusfenster. Endpunkt dieses nassen Tages ist Rogätz, ein Stück weit unter Tangerhütte. Wir bekommen eine ganze Ferienwohnung für uns. Also: Heizung an und die Klamotten trocknen. Aufgrund der Nutzung der Landstraßen gab es sonst nichts zu besichtigen. Eingepackt in Regenkleidung, jeder vor sich hin radelnd, hatte man gut Gelegenheit, sich über das eine oder andere Gedanken zu machen.

Donnerstag, 20. Mai 2010 (Rogätz–Randau)

Sicherheitshalber fahren wir gleich auf den Landstraßen weiter, um nicht wieder auf den feuchten Wegen hängen zu bleiben. Das Wetter hat sich erholt und wir fahren etwas frohgemuter weiter. Auf dem Weg nach Magdeburg, in Wolmirstedt, hängt ein Schild: Mit den Entfernungen nach Santiago scheint es nicht ganz einheitlich zu sein…

An der Elbe entlang geht es nach Magdeburg. In Magdeburg gibt es insgesamt vier Pilgerstationen, von denen wir zwei besichtigen: die Petrikirche und den Dom. Im Dom war nicht so viel zu sehen, da diverse Baumaßnahmen stattfanden. Viele Figuren und Tafeln waren daher abgedeckt. Interessant waren die Grabungsarbeiten allgemein. An verschiedenen Stellen war der Boden des Doms in unterschiedlichen Tiefen ausgehoben. Man konnte genau die verschiedenen Schichten des Domaufbaus sehen.

Aufgrund des Regens und des Hochwassers wird es immer schwieriger, die vorgesehenen Wege zu nutzen. Selbst die Kühe müssen Gummistiefel anziehen. Auf dem Elberadweg verlassen wir Magdeburg. Wir übernachten im Predigerwitwenhaus neben der Kirche in Randau. Abendessen gibt es in der „alten Schule“. Wer möchte, kann die Speisekarte in Sütterlin lesen.

Freitag, 21. Mai 2010 (Randau–Egeln)

Bei blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein besichtigen wir in Randau eine Steinzeitanlage. Aufgebaut sind unter anderem ein jungsteinzeitliches Pfostenhaus, Grubenhaus, Langhaus, Backofen etc. aus dem Leben ca. 5000 v.Chr. Über verschiedene Orte gelangen wir nach Egeln.

Samstag, 22. Mai 2010 (Egeln–Halberstadt)

Die Landschaft wird zunehmend hügeliger: ich fahre durchs Harzvorland… Ich „liebe“ Bergauffahrten, gerade mit Gegenwind und Packtaschen. Statt des angesagten Sonnenscheins ist es sehr trübe und es bläst ein kühler Wind. Erste Station am heutigen Tag ist Schwanebeck. Hier sind ein alter Wallfahrtsort, die katholische Kirche „Hl. Altarssakrament“ und eine „tausendjährige“ Linde zu besichtigen. Der Baum sieht sehr beeindruckend aus! Weiter geht es zur Huysburg, dem Benediktinerkloster St. Marien. Eine Kirchenbesichtigung und ein Stück Kuchen später geht es weiter nach Halberstadt.

Sonntag, 23. Mai 2010 (Halberstadt)

Heute ist Ruhetag! Um 10 Uhr Gottesdienst im Dom St. Stephanus und Sixtus mit anschließender Führung durch Dom und Domschatz. Sehr imposant! Gerade die Statuen, der Leuchter, die Grabplatten… Im Dom sind gefühlte 10 Grad Celsius, trotz Sonnenschein ist man durchgefroren. Am Nachmittag Besuch des kleinen „Schraube-Museums“. Gezeigt wird die Wohnkultur um 1900, die anhand einer vollständig eingerichteten Wohnung sehr anschaulich dargestellt wird.

Montag, 24. Mai 2010 (Halberstadt–Ballenstedt)

Es geht weiter nach Quedlinburg. Die Pilgerstation, die kleine Hospitalkapelle St. Johannis, ist leider geschlossen. Nun geht es richtig in den Harz hinein. Wunderschöne Landschaften, grüne Wiesen, Rapsfelder, nur leider etwas hügelig…

Besichtigung der Stiftskirche St. Cyriakus in Gernrode, einer wunderschönen Kirche mit eindrucksvoller Bemalung. Auf dem Weg nach Ballenstedt kommen wir an der Roseburg vorbei, doch rasant näher kommende dunkle Wolken signalisieren deutlich, dass Eile angesagt und für eine Besichtigung der Roseburg und auch des Schlosses nicht der richtige Zeitpunkt ist. Mit Blitz und Donner erreichen wir Ballenstedt, fallen in die nächste Pension und trocknen die Klamotten. Abends ist wieder schönstes Wetter, und als Ausgleich besteigen wir einen Gefängnisturm.

Dienstag, 25. Mai 2010 (Ballenstedt–Helbra)

Erstes Pilgerziel ist die St. Jakobikirche in Hettstedt. Bei bestem Fahrradwetter radeln wir über kleine Landstraßen durch das Harzvorland Richtung Hettstedt. In Wieserode gibt es eine schöne Fachwerkkirche aus dem 17. Jahrhundert. Trotz angekündigter offener Kirche ist in Hettstedt niemand zu erreichen und so geht es nach Klostermansfeld. Hier wird uns die Benediktiner-Klosterkirche St. Marien aufgeschlossen und wir bekommen eine kleine Führung. Zur Übernachtung geht es einen Ort weiter nach Helbra.

Mittwoch, 26. Mai 2010 (Helbra–Querfurt)

Auf dem direkten Wege erreichen wir die Lutherstadt Eisleben und besichtigen die Kirche St. Andreas. Es ist beeindruckend, die Kanzel zu sehen, von der schon Luther gepredigt hat. Schräg gegenüber ist das Sterbehaus Luthers, das als kleines Museum eingerichtet ist. Nach Besichtigung und einer kurzen Rast fahren wir weiter zum nahe gelegenen Kloster St. Marien in Helfta. Berühmt ist dieses Kloster als Lebens- und Wirkungsstätte der Hl. Gertrud der Großen von Helfta, der Hl. Mechthild von Magdeburg und der Hl. Mechthild von Hakeborn, die im 13. Jahrhundert lebten. Vor Ort sind viele Hinweise auf diese drei Frauen zu finden. Der Weg führt weiter nach Querfurt, wobei wir wieder überwiegend Landstraßen fahren.

Donnerstag, 27. Mai 2010 (Querfurt–Mücheln)

Nach dem Frühstück besichtigen wir die Burgruine, die Kirche und das Museum Burg Querfurt. Es ist eine große Burganlage, größer als die Wartburg, die aber bedingt durch Restaurierungsarbeiten nicht komplett besichtigt werden kann. Im Museum sind verschiedene Waffen und Gebrauchsgegenstände ausgestellt und ein Turm kann bestiegen werden – wenn man denn gern wackelige Holztreppen steigt…

Von Querfurt aus geht es über Steigra nach Mücheln. In Mücheln ist die St. Jakobikirche aus dem 13. Jahrhundert zu sehen. Leider ist sie in einem sehr renovierungsbedürftigen Zustand, sehr feucht, und darf offiziell nicht besichtigt werden. Das angrenzende Pfarrhaus wird zurzeit renoviert und man hofft, dass im Anschluss die Kirche renoviert werden kann. Mücheln ist die letzte Pilgerstation auf dem Jakobus-Pilgerweg durch Sachsen-Anhalt. Der Weg führt aber noch weiter und trifft auf den ökumenischen Pilgerweg (Via Regia), der von Osten kommt und weiter Richtung Eisenach führt.

Freitag, 28. Mai 2010 (Mücheln–Naumburg)

Endlich wieder ein schöner Regentag und wir kämpfen uns durch Schlamm und Pfützen über Freyburg nach Naumburg. Aufgrund der Witterung gibt es einen schnellen Durchmarsch ohne Besichtigungen. Auf dem Wege entlang der Unstrut fallen Bilder und Erläuterungen des „Steinernen Bilderbuches“ ins Auge.

In Naumburg besichtigen wir den imposanten Dom St. Peter und Paul. Beeindruckend sind die vielen lebensgroßen Stifterfiguren, so z. B. von der Markgräfin Uta, die sehr lebensecht dargestellt sind.

Naumburg ist eine schöne Stadt mit vielen alten restaurierten Häusern. In der Innenstadt ist die St. Wenzel-Kirche mit der barocken Innenausstattung und dem Hochaltar aus dem Jahr 1680 überaus sehenswert.

Samstag, 29. Mai 2010 (Heimfahrt)

Insgesamt haben wir bei dieser Etappe 591,5 Kilometer mit dem Rad zurückgelegt, was ich angesichts des streckenweisen Weges durch das Harzvorland sehr gut und sportlich finde. Je mehr Kirchen man besichtigt, desto mehr verschwimmen die einzelnen Orte, und am Ende weiß man die Besonderheiten der einzelnen Kirchen schon gar nicht mehr so genau. Es ist einfach ein Überangebot an Eindrücken.

Ein kleines Fazit…

Was ich mitnehme, ist die Ruhe in den Kirchen und die besondere Atmosphäre, wenn ich mich hinsetze und einfach schaue…


 Cornelia Falk *Cornelia Falk* ist seit April 2001 für den Vorstand des Evangelischen Diakonievereins tätig und Mitglied im Evangelischen Diakonieverein Berlin-Zehlendorf e.V.


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