Mi 22. Oktober 2014
Lediglich 16 Prozent der Beschäftigten in Deutschland arbeitet engagiert und mit einer hohen emotionalen Bindung zu ihrem eigenen Arbeitsplatz, so das Fazit der aktuellen Gallup-Studie, die seit 2001 jährlich erstellt wird.
Was für die Beschäftigten in Deutschland im Allgemeinen gilt, ist für den Berufszweig der Pflegenden im Speziellen nicht von der Hand zu weisen. Hier verschärfen sich seit Jahren die Rahmenbedingungen, Mitarbeitende der Pflege gehen auf die Straße, um auf Missstände aufmerksam zu machen. Zu viel Arbeit für den Einzelnen, zu wenig Fachkräfte im Schichtdienst, gesundheitliche Probleme wie Rückenbeschwerden oder Bandscheiben-Vorfällen, die Heben, Tragen, Wuchten und Schieben nach Jahren mit sich bringen. Unzufriedenheit über die Bezahlung sowie ein Image- und Nachwuchsproblem des ganzen Berufszweiges, dem Schätzungen zufolge 2030 rund 400.000 Vollzeitkräfte fehlen werden.
Und trotzdem sind sie da: Die Auszubildenden von heute, die Anfang 20jährigen Examinierten und somit unsere Pflegenden von morgen. Jährlich schließen um die 21.000 junge Menschen eine Lehre in diesem Bereich ab, hinzu kommen die AbsolventInnen von Bachelor und Masterstudiengängen, denn auch die Akademisierung in diesem Berufsfeld schreitet mit großen Schritten voran.
Was ist es, das den Job der Alten- oder Kinderkrankenpflegerin attraktiv macht? Wie viel Berufung gehört zu dieser Berufswahl? Ist es Leidenschaft mit der Bereitschaft unter den bekannten hohen Anforderungen auch selbst zu leiden?
Melissa Idel gehört zu den 16 Prozent der Beschäftigten, die mit Herz und Verstand und jeden Tag aufs Neue gern zu ihrer Arbeit gehen. Seit zweieinhalb Jahren ist die examinierte Gesundheits- und Krankenschwester am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. „Ich stehe voll für das UKE – meine Klinik ist die beste!“, sagt die 23jährige.
Die gebürtige Oldenburgerin hat schon früh gewusst, was sie einmal werden will: „Krankenschwester war von Kindheitsbeinen an mein Traumberuf“, schwärmt sie, empfiehlt aber jedem, sich diesen Weg ganz genau und gut zu überlegen. „Ich habe während meiner Realschulzeit ein Praktikum gemacht und dann eine einjährige Sozialpflegeschule besucht. Diese Erfahrungen haben mich bestärkt und mir die Gewissheit gegeben, dass das der richtige Job für mich ist.“
Mit ihrer Bewerbung zur Gesundheits- und Krankenschwester in Oldenburg ist sie allerdings nicht über das Krankenhaus eingestellt worden, sondern bei der Schwesternschaft des Evangelischen Diakonievereins Berlin-Zehlendorf e.V. Mit rund 2.000 Schwestern und Pflegern ist der Verein Träger der größten evangelischen Schwesternschaft in Deutschland. „Ein Glücksfall“, wie sie rückblickend sagt. Christliche Werte, diakonisches Leben und Handeln stehen in dieser Gemeinschaft im Vordergrund. Für die Schülerinnen und Schüler, Schwestern und Pfleger gibt es Angebote der Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie des kollegialen Austausches. „Die Schwesternschaft gibt mir Kraft.“, so Melissa Idel, die gern in das Berliner Heimathaus fährt, inzwischen von Hamburg aus. Nach der dreijährigen Ausbildung wollte sie unbedingt einen Standortwechsel wagen und „in eine große Stadt“. Das UKE in Hamburg war ihre erste Wahl. „Es war gerade alles komplett neu strukturiert worden. Man arbeitete bereits mit der elektronischen Patientenakte und die Pflege liegt klar im Fokus.“, erzählt die Diakonieschwester. In den zweieinhalb Jahren im Norden hat sie bereits eine Mentorenausbildung absolviert und ist als Praxisanleiterin tätig.
Fühlt sie sich zu diesem Beruf berufen? Ein deutliches Jein ist die Antwort. Sie habe lange über diese Frage nachgedacht, ihr erster Impuls sei ein „Nein“ gewesen, „Berufung“ sei ein großes und bedeutungsschweres Wort, aber wiederum „in der Pflege zu arbeiten ist nicht einfach, man muss mit Herz dabei sein und insofern ist man vielleicht doch dazu berufen.“ Auf jeden Fall müsse man Leidenschaft mitbringen und davon möglichst viel. Pflegeberufe verlangen nach Geduld, Einfühlungsvermögen und Verständnis. Zugleich gebe es dafür auch so viel zurück: „Wenn mir die Patienten danken oder mich anlächeln, dann weiß ich, dafür habe ich es gemacht und das macht mich glücklich.“
Aber Leidenschaft kann auch Leiden schaffen. Viele Pflegende aus dem Gesundheitswesen vergessen bei der Arbeit mit dem Patienten, dass auch sie sich pflegen müssen. Am Anfang der Ausbildung stand noch der Wunsch im Vordergrund, mit Menschen zu arbeiten, für andere da zu sein. Woher aber kommt die Kraft dafür?
Melissa Idel hat ihre eigenen Strategien. Zum einen ist es auf jeden Fall die Schwesternschaft, die damit verbundene Gemeinschaft und der christliche Glauben. Darüber hinaus hat sie für sich Stand Up Paddling entdeckt. „Das Paddelsurfen im Stehen ist super. Es sieht auch weniger anstrengend aus als es tatsächlich ist und verlangt viel Konzentration.“ Sport sei ohnehin ein wichtiges Element zum Ausgleich. Eine weitere Möglichkeit für sie, Kraft zu sammeln sei Babysitting. „Das mache ich einmal die Woche. Wenn ich die Kinder von der Kita abhole, deren leuchtende Augen sehe, kann ich sofort abschalten. Kinder geben einem einen ganz anderen Blickwinkel auf die Dinge und die Welt. Die ist ganz einfach und klar.“
Text: Ann Jeanette Rupp (Evangelischer Diakonieverein Berlin-Zehlendorf e.V., Projektbüro)
Veröffentlichung in: “ChrisCare – dem Magazin für Christen im Gesundheitswesen” in der Ausgabe 3/2014
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