Das FSJ hat eine wichtige Rolle gespielt

Altagracia Rodriguez-Schipper: “Noch bevor das FSJ zu Ende war, habe ich eine Ausbildungsstelle in den Städtischen Kliniken angeboten bekommen. Dabei hat das FSJ eine wichtige Rolle gespielt.”

„Es war das Beste, was mir passieren konnte“

„Es war das Beste, was mir passieren konnte“, sagt Altagracia Rodriguez-Schipper. Sie strahlt, wenn sie an ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) erinnert wird. Die 30-Jährige aus Santo Domingo in der Dominikanischen Republik hat durch ihren freiwilligen Einsatz weit mehr erreicht als „nur“ die Sicherheit in der Berufswahl, ihr ist auch ein großer Schritt zur Integration in Deutschland gelungen. „Das FSJ hat in meinem Leben wirklich eine Wende bewirkt“, erzählt sie.

Altagracia Rodriguez-Schipper, die heute sehr gut Deutsch spricht, erinnert sich an sehr turbulente Zeiten: „Ich war 20, als ich zu Hause in Santo Domingo meinen jetzigen Mann kennenlernte. Er war Deutscher, machte dort Urlaub, ich arbeitete in einem Hotel. Ich hatte zwar mein Abitur gemacht, aber es ist teuer, in der Dominikanischen Republik zu studieren, man wird vom Staat nicht un-terstützt. Also arbeitete ich, wo es gerade etwas gab, um zu leben. Als ich meinem Mann begegnet war, hatten wir nach seinem Urlaub erst einmal viel Kontakt über das Internet, damit wir uns richtig kennenlernen. Die Verständigung klapp-te auf Englisch ganz gut. Als wir uns sicher waren, dass wir zusammengehören, bin ich nach Oldenburg gekommen. Mich hat die Liebe gezogen, aber für meine Mutter war es ein sehr schwerer Tag. Heute ist es in Ordnung, denn sie weiß ja, dass ich glücklich bin.

Als ich in Oldenburg ankam, habe ich gleich am nächsten Tag mit einem Deutschkurs begonnen. Mein Mann hatte das schon organisiert, weil uns beiden klar war, dass ich nur glücklich werden könnte, wenn ich die Sprache lerne. Ein ganzes Jahr lang habe ich viel Zeit damit verbracht, Deutsch zu lernen. Dann war mir aber auch wichtig, eine Ausbildung zu machen. Ich habe sehr viele Bewerbungen geschrieben, mir sehr viel Mühe gegeben. Doch es gab immer nur Absagen, ich habe einfach keine Chance bekommen.

Mein Mann hat mich immer unterstützt, doch es war schon sehr deprimierend. Ich habe mir dann einen Job besorgt, ich war Verkäuferin in einer Bäckerei. Das war damals eine geringfügige Beschäftigung. Schon in dieser Zeit hatte ich die Idee, dass ich gerne in der Pflege arbeiten würde. Darüber habe ich auch mit meiner Kollegin im Job gesprochen, Anne Lampe, die Tochter von Theo Lampe vom Diakonischen Werk. Und das war mein Glück, denn Anne hat mir vom FSJ erzählt und dass ich da mal ausprobieren könnte, ob ein Pflegeberuf wirklich das Richtige für mich ist.

Ich habe dann mit Annes Vater gesprochen und der hatte auch gleich etwas für mich. Jemand anderes hatte im Evangelischen Krankenhaus in Oldenburg sein FSJ abgebrochen, weil er doch noch einen Studienplatz bekommen hatte. Ein Glück für mich, ich konnte sofort die Stelle übernehmen. Es war wirklich toll, dass das gleich geklappt hat, noch dazu an einem Platz, den ich mir so sehr gewünscht hatte. Dort wurde mir dann auch klar, dass ich in der Kinderpflege arbeiten möchte, was ich heute auch tue.

Das FSJ hat eine wichtige Rolle gespielt ….

Noch bevor das FSJ zu Ende war, habe ich eine Ausbildungsstelle in den Städtischen Kliniken angeboten bekommen. Dabei hat das FSJ eine wichtige Rolle gespielt. In den Städtischen Kliniken waren sie ganz begeistert davon. Sie meinten, bei FSJlern könnten sie sicher sein, dass der Bewerber genau weiß, was auf ihn zukommt, und die Ausbildung auch durchhält. Heute bin ich examinierte Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin und bin total glücklich. Das FSJ hat mir den Weg zu meinem Traumberuf geebnet.

Ich profitiere heute noch vom FSJ

Das FSJ war für mich aber noch weit mehr, ich profitiere heute noch oft davon. Damals hatte ich nur über meinen Mann Kontakte in Oldenburg. Das hat sich grundlegend verändert. Beim FSJ habe ich in den Seminaren viele Menschen kennengelernt, zu denen ich immer noch Kontakt habe. Das hat mir bei der Integration sehr geholfen. Außerdem habe ich viele Methoden kennengelernt, ich wusste nicht, wie man sich bewirbt oder wie man sich beim Bewerbungsgespräch verhält. Und auch heute noch hilft mir die Selbstreflexion, die ich in den Seminaren gelernt habe, oft weiter. Das FSJ hat auch mein Selbstbewusstsein gestärkt. Endlich gehörte ich dazu, ich wurde gebraucht und akzeptiert. Das war für mich sehr wichtig. Heute bin ich rundum glücklich, im Beruf und mit meinem Mann. Ja, ich würde alles nochmal genauso machen.“

Wenn der Diplom-Sozialarbeiter Theo Lampe und seine Kollegin, die pädagogische Mitarbeiterin Fenni Lambers, solche Geschichten hören und erleben, strahlen sie. „Wenn es so läuft, haben wir unsere Arbeit gut gemacht“, sagt Lampe. Er ist Referent für Migration und Freiwilligendienst und Leiter des Kompetenzzentrums der Diakonie im Oldenburger Land, die neben anderen Verbänden Träger des FSJ ist.

Es gehe im FSJ nicht um einen Arbeitseinsatz, der möglichst preisgünstig für die Arbeitsgeber sei, sondern vielmehr um ein Jahr, in dem ein junger Mensch die Gelegenheit erhalte, sich ganz ohne Karrieredruck auszuprobieren. „Es geht um ganzheitliche Bildung, nicht um ein Arbeitsverhältnis“, unterstreicht Lampe. Wichtig sei es, den jungen Menschen die Freiheit und Flexibilität zu erhalten. „Wenn sie zwischendurch den gewünschten Studienplatz erhalten, können sie den selbstverständlich sofort antreten“, erklärt Lambers. Insofern sei das FSJ in einer Welt, in der es zumeist auf „höher, schneller, weiter“ ankomme, eine kleine Revolution. Die Aufgabe der Träger sei es, die jungen Menschen in jeder Hinsicht zu unterstützen und zu begleiten. Im Mittelpunkt des Freiwilligenjahres stehe immer der Teilnehmende. „Unsere Aufgabe ist es, die Freiheit der jungen Menschen zu verteidigen, die Freiwilligkeit ist oberstes Gebot“, sagt Lampe.

Früher gab es das “Diakonische Jahr”

Bevor es das FSJ gab, das vor 50 Jahren von staatlicher Seite begründet wurde, gab es ein „Diakonisches Jahr“, das in diesem Jahr schon den 60. Geburtstag feiert. Entstanden war es durch einen Engpass an Mitarbeitenden im diakonischen Bereich. Die Idee, sich ein Jahr lang freiwillig und für andere einzusetzen, kam gleich gut an, es gab viele Freiwillige. Damals, so sagt Lambers, sei das sicher auch ein Wendepunkt in der Gesellschaft gewesen, die zumeist darauf baute, dass Frauen früh heirateten und keine Berufsausbildung abschlossen. Im Diakonischen Jahr lernten sie plötzlich einen Arbeitsalltag im sozialen Bereich kennen, der ihnen viel Freude machte. Schlussendlich absolvierten viele Frauen eine entsprechende Ausbildung in dem Bereich, wurden unabhängig von ihren Männern.

Auch heute noch gibt es viele Freiwillige – Jahr für Jahr sogar mehr, als Plätze angeboten werden, weiß der Sozialarbeiter Peter Tobiassen vom Evangelischen Bildungswerk Ammerland, der viele Jahre mit Wehrdienstverweigerern zu tun hatte und heute Geschäftsführer und pädagogischer Mitarbeiter im Bildungswerk ist. Dass Freiwillige abgewiesen werden, hält er für einen Skandal: „Es müsste doch möglich sein, allen Freiwilligen, die bereit sind, für ein Taschengeld zu arbeiten, auch einen Platz anzubieten. So viel müsste der Etat einfach hergeben. Erst recht vor dem Hintergrund des Pflegenotstandes, der uns erwartet und zum Teil schon eingetreten ist, müssten wir doch jedem jungen Menschen, der Interesse an sozialer Arbeit zeigt, die Möglichkeit geben, sich einen Einblick zu verschaffen.“ Dabei dürfe es den Arbeitgebern aber nicht nur um eine günstige Arbeitskraft gehen, die mit ungeliebten Aufgaben überhäuft wird. „Heute stehen wir wieder an einem Wendepunkt: Die Gesellschaft muss umdenken, Pflege muss uns mindestens so viel wert sein wie die Reparatur des Autos. Wenn hier eine Sensibilisierung gelingt, wird auch die Politik nachfolgen und mehr Gelder für Freiwillige zur Verfügung stellen“, sagt Tobiassen.

Von: Annette Kellin | Aus: horizont E, dem evangelischen Magazin im Oldenburger Land


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